Ein Jahr Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Eine Zwischenbilanz
Am 1. März 2021 jährte sich das Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und der dazugehörigen Änderungen im deutschen Aufenthaltsrecht. Dieses Gesetz zielt darauf ab, qualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Es sollte sowohl Akademikern als auch Facharbeitern die Einwanderung erleichtern, um dem bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Zugleich wurde ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren eingeführt, das die Bearbeitungszeiten in den beteiligten Behörden, wie der Bundesagentur für Arbeit, den Ausländerbehörden und den deutschen Botschaften, reduzieren soll.
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gesetzesumsetzung
Die Implementierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes erfolgte jedoch inmitten der COVID-19-Pandemie, was die tatsächliche Wirkung des Gesetzes erheblich beeinträchtigte. Reise- und Einreisebeschränkungen sowie die teils eingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Behörden erschweren eine klare Bewertung der bisherigen Erfolge und Herausforderungen. Diese Rahmenbedingungen müssen bei jeder Analyse der Gesetzesänderungen berücksichtigt werden.
Beschleunigtes Fachkräfteverfahren: Eine Reform mit Hürden
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren wurde eingeführt, um die Bearbeitungszeiten für Visa- und Aufenthaltstitelanträge zu verkürzen. Dies sollte durch die Einführung verbindlicher Fristen für die Behörden geschehen. Doch in der Praxis stößt diese Regelung auf mehrere Hindernisse. Zum Beispiel beginnt die Frist für die Bearbeitung eines Antrags erst dann zu laufen, wenn alle erforderlichen Unterlagen vollständig vorliegen – und es liegt im Ermessen der Behörde, welche zusätzlichen Dokumente erforderlich sind.
Herausforderungen in der Praxis: Fristen und Kapazitätsengpässe
Ein weiteres Problem ist die Umsetzung der Fristenregelung bei den deutschen Auslandsvertretungen. Laut Gesetz muss ein Termin zur Vorsprache innerhalb von drei Wochen vergeben werden, sobald die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung erteilt hat. In einigen Ländern, wie Nigeria oder Serbien, sind jedoch Wartezeiten von bis zu einem Jahr üblich, was die termingerechte Bearbeitung erheblich erschwert. Ohne zusätzliche personelle Ressourcen in den Botschaften bleibt diese Regelung in vielen Fällen eine bloße Theorie.
Zentrale Ausländerbehörden: Noch nicht flächendeckend etabliert
Eine weitere Neuerung des Gesetzes ist die Möglichkeit, zentrale Ausländerbehörden auf Landesebene zu schaffen, die das beschleunigte Fachkräfteverfahren zentral koordinieren sollen. Diese Option wurde jedoch bisher nur in wenigen Bundesländern umgesetzt. Wo diese Behörden fehlen, müssen Unternehmen selbst herausfinden, welche Behörde für ihren Fall zuständig ist. Dies kann zu Verzögerungen und organisatorischen Schwierigkeiten führen, insbesondere wenn eine persönliche Vorsprache erforderlich ist.
Neue Aufenthaltstitel für IT-Spezialisten und Auszubildende
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat auch neue Aufenthaltstitel für IT-Spezialisten eingeführt. Diese können nun auch ohne formellen Hochschulabschluss beantragt werden, was einen bedeutenden Schritt in einer ansonsten stark akademisch orientierten Einwanderungspolitik darstellt. Zudem wurde der Aufenthaltstitel für Auszubildende gesetzlich anerkannt, was jedoch durch die strengen Anforderungen an die Anerkennung ausländischer Ausbildungsabschlüsse relativiert wird.
Fazit: Gute Ansätze, aber praktische Schwierigkeiten
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bringt viele positive Ansätze mit sich, die in der Praxis jedoch noch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen. Die Umsetzung der Reformen wird durch die anhaltenden Einschränkungen der Corona-Pandemie erschwert, und die Ausstattung der zuständigen Behörden ist oft unzureichend. Langfristig wird der Erfolg dieses Gesetzes davon abhängen, wie schnell und effektiv diese Herausforderungen überwunden werden können.