Was ist die Westbalkanregelung?
Die sogenannte „Westbalkanregelung“ ist eine Sonderregelung, die Staatsangehörigen von sechs Westbalkanstaaten einen vereinfachten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglicht. Diese Regelung wurde erstmals im Jahr 2016 eingeführt und hat es seitdem zahlreichen Menschen aus den betreffenden Ländern erleichtert, in Deutschland zu arbeiten. Am 1. Januar 2021 trat eine Nachfolgeregelung gemäß § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung (BeschV) in Kraft, die den privilegierten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt weiterhin ermöglicht. Die Regelung wurde aufgrund der hohen Nachfrage und des Arbeitskräftemangels in Deutschland verlängert und optimiert.
Die Westbalkanregelung ist eine wichtige Maßnahme der deutschen Migrationspolitik, die dazu dient, die legale Arbeitsmigration aus der Region zu fördern und gleichzeitig dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken.
Welche Länder sind in der Westbalkanregelung enthalten?
Die Regelung gilt für Staatsangehörige folgender sechs Westbalkanstaaten:
- Albanien
- Bosnien und Herzegowina
- Kosovo
- Nordmazedonien
- Montenegro
- Serbien
Durch diese Regelung können Bürger aus diesen Ländern unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation in Deutschland arbeiten. Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen ist nicht erforderlich, was den Zugang erheblich erleichtert. Allerdings gibt es Ausnahmen für reglementierte Berufe.
Beschäftigungsmöglichkeiten und Ausnahmen
Grundsätzlich ist die Westbalkanregelung für jede Art von Beschäftigung in Deutschland anwendbar. Das bedeutet, dass Personen aus den genannten Ländern in sämtlichen Branchen tätig werden können, ohne dass eine Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation notwendig ist. Dies gilt jedoch nicht für sogenannte „reglementierte Berufe“, wie zum Beispiel Ärzte, Ingenieure oder Lehrer. In diesen Fällen ist eine formelle Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen erforderlich, bevor eine Arbeitserlaubnis erteilt werden kann. Für die Anerkennung gibt es verschiedene Programme, wie die „Anerkennungspartnerschaft“, die den Prozess erleichtern sollen.
Die Westbalkanregelung ist besonders attraktiv für geringqualifizierte und ungelernte Arbeitskräfte, da keine formalen Ausbildungsabschlüsse oder Berufserfahrungen nachgewiesen werden müssen.
Gesetzliche Grundlagen der Westbalkanregelung
Die gesetzliche Grundlage für die Westbalkanregelung bildet § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung (BeschV). Diese Vorschrift ermöglicht es, Bürgern der Westbalkanstaaten unter bestimmten Bedingungen eine befristete Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit zu erteilen.
Ein weiteres zentrales Element der Regelung ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft trat. Dieses Gesetz erweitert die Möglichkeiten zur Arbeitsmigration nach Deutschland für qualifizierte und unqualifizierte Arbeitskräfte und baut bürokratische Hürden ab. Die Westbalkanregelung ergänzt dieses Gesetz, indem sie Personen aus der Region eine vereinfachte Einreise und Arbeitsaufnahme ermöglicht.
Kontingentierte Zulassung: Maximal 50.000 Visa pro Jahr
Die Westbalkanregelung ist kontingentiert. Das bedeutet, dass nur eine begrenzte Anzahl von Personen pro Jahr von dieser Regelung profitieren kann. Die Bundesagentur für Arbeit darf gemäß der gesetzlichen Vorgaben bis zu 50.000 Zustimmungen zu Aufenthaltstiteln pro Jahr erteilen. Diese Anzahl ergibt sich aus § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung und dient dazu, eine geordnete Einwanderung zu gewährleisten und den Arbeitsmarkt in Deutschland nicht zu überlasten.
Da die Nachfrage nach diesen Aufenthaltstiteln in der Regel sehr hoch ist, wird empfohlen, das Visumverfahren frühzeitig zu beginnen und die verfügbaren Plätze im Auge zu behalten.
Vorabzustimmung: Schneller zum Visum
Eine wichtige Neuerung zur Beschleunigung des Visumverfahrens ist die Möglichkeit der sogenannten „Vorabzustimmung“. Dabei holt der Arbeitgeber in Deutschland vor der eigentlichen Visumsbeantragung die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ein. Diese Vorabzustimmung verkürzt das Verfahren erheblich, da der Bewerber bereits bei der Visumsbeantragung alle notwendigen Unterlagen vorlegen kann. Hier ist ein Link zur zuständigen Stelle für die Einholung der Vorabzustimmung: https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/arbeitskraefte/fachkraefte-ausland/westbalkanregelung
Durch die Vorabzustimmung entfällt auch das Losverfahren, das bisher oft zu langen Wartezeiten führte. Die Bewerber erhalten somit innerhalb weniger Wochen einen Termin für die Visumserteilung, was den gesamten Prozess wesentlich vereinfacht.
Voraussetzungen für die Westbalkanregelung
Betriebliche Voraussetzungen
Um von der Westbalkanregelung profitieren zu können, müssen bestimmte betriebliche und persönliche Voraussetzungen erfüllt werden. Zu den betrieblichen Voraussetzungen gehören:
- Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten müssen mit denen eines vergleichbaren deutschen Arbeitnehmers übereinstimmen.
- Es muss ein Arbeitsvertrag vorliegen oder zumindest ein verbindliches Arbeitsangebot vom Arbeitgeber in Deutschland vorgelegt werden.
- Das Gehalt muss ausreichen, um den Lebensunterhalt in Deutschland zu sichern. Dies bedeutet, dass das Entgelt den orts- und branchenüblichen Standards entsprechen muss.
Persönliche Voraussetzungen
Die wichtigsten persönlichen Voraussetzungen sind:
- Der Bewerber muss Staatsangehöriger eines der sechs Westbalkanländer sein.
- Er darf in den letzten 24 Monaten keine Leistungen nach dem deutschen Asylbewerberleistungsgesetz bezogen haben.
- Für Arbeitnehmer über 45 Jahre gelten spezielle Regeln: Sie müssen entweder ein Bruttojahresgehalt in Höhe von mindestens 55 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (2024: 49.830 Euro pro Jahr) erhalten oder den Nachweis einer ausreichenden Altersvorsorge erbringen.
Visumantrag: Ablauf und erforderliche Unterlagen
Um ein Visum im Rahmen der Westbalkanregelung zu beantragen, müssen folgende Schritte beachtet werden:
- Der Arbeitgeber muss eine Vorabzustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen.
- Der Bewerber muss anschließend einen Termin beim zuständigen Dienstleister (VisaMetric) vereinbaren, um den Visumantrag zu stellen.
- Der Antragsteller muss alle erforderlichen Unterlagen, wie Passfotos, Reisepass, Vorabzustimmung und eine Reisekrankenversicherung, vorlegen.
Zu den wichtigen Dokumenten gehören:
- Ein biometrischer Reisepass, der noch mindestens neun Monate gültig ist.
- Zwei Passfotos.
- Ein vollständig ausgefüllter und ausgedruckter Visumsantrag.
- Die Vorabzustimmung der Bundesagentur für Arbeit.
Je nach Einzelfall können zusätzliche Dokumente erforderlich sein, zum Beispiel ein Nachweis über die Altersversorgung bei Bewerbern über 45 Jahren.
Bearbeitungszeit des Visumantrags
Die Bearbeitungszeit für den Visumantrag variiert und hängt von verschiedenen Faktoren ab. In der Regel dauert der Prozess mehrere Wochen bis Monate, da auch innerdeutsche Behörden beteiligt sind. Vor allem bei Bewerbern, die bereits früher in Deutschland gearbeitet oder gelebt haben, kann sich die Bearbeitungszeit verlängern. Es wird empfohlen, frühzeitig mit dem Antrag zu beginnen und in den ersten drei Monaten nach Antragstellung von Sachstandsanfragen abzusehen.
Beispiel: Ein Bauarbeiter aus dem Kosovo kommt nach Deutschland
Um den Ablauf der Westbalkanregelung besser zu verstehen, betrachten wir ein praktisches Beispiel:
Ein Bauarbeiter namens Arben aus dem Kosovo möchte in Deutschland arbeiten. Er hat von der Westbalkanregelung gehört und möchte diese Möglichkeit nutzen, um einen legalen Arbeitsplatz zu finden. Hier sind die Schritte, die Arben unternehmen muss:
- Jobangebot einholen
Zunächst sucht Arben einen potenziellen Arbeitgeber in Deutschland, der bereit ist, ihn einzustellen. Er kontaktiert ein Bauunternehmen, das händeringend nach Bauarbeitern sucht. Nach einigen Gesprächen erhält Arben ein verbindliches Jobangebot. Der Arbeitgeber stellt ihm eine „Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis“ aus, die das Arbeitsangebot dokumentiert. - Vorabzustimmung des Arbeitgebers
Der deutsche Arbeitgeber beantragt bei der Bundesagentur für Arbeit die Vorabzustimmung für Arben. Diese Zustimmung ist notwendig, um sicherzustellen, dass die Arbeitsbedingungen und das Gehalt den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und dass keine bevorrechtigten Arbeitnehmer (z. B. deutsche Staatsbürger) für die Stelle verfügbar sind. Nachdem die Bundesagentur für Arbeit die Zustimmung erteilt hat, wird diese an Arben weitergeleitet. - Visum beantragen
Mit der Vorabzustimmung in der Hand kann Arben nun einen Termin beim offiziellen Visadienstleister (VisaMetric) vereinbaren, um das nationale Visum zu beantragen. Zu diesem Termin bringt er alle erforderlichen Unterlagen mit: Reisepass, Passfotos, das Jobangebot seines Arbeitgebers, die Vorabzustimmung der Bundesagentur für Arbeit und eine Reisekrankenversicherung. - Visumserteilung und Einreise nach Deutschland
Nach der Einreichung des Visumsantrags wird dieser von der deutschen Botschaft bearbeitet. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, erhält Arben das Visum und kann nach Deutschland einreisen. Dies kann mehrere Wochen dauern, aber da sein Arbeitgeber die Vorabzustimmung beantragt hat, wird der Prozess erheblich beschleunigt. - Arbeitsaufnahme in Deutschland
Mit seinem gültigen Visum und allen erforderlichen Dokumenten reist Arben nach Deutschland ein. Er tritt seine Arbeit als Bauarbeiter bei dem Bauunternehmen an und arbeitet dort unter denselben Bedingungen wie seine deutschen Kollegen.
Dieses Beispiel zeigt, wie unkompliziert und schnell die Westbalkanregelung in der Praxis angewendet werden kann, um Arbeitskräfte aus dem Westbalkan, wie Arben, in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren.