Einwanderung nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme: Westbalkanregelung und Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Deutschland bietet verschiedene Möglichkeiten für die Einwanderung zur Arbeitsaufnahme, insbesondere im Rahmen der Westbalkanregelung und des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Diese Regelungen richten sich an Arbeitskräfte aus dem Ausland und zielen darauf ab, den Fachkräftemangel in Deutschland zu bekämpfen. Im Folgenden werden die wichtigsten Einreiseoptionen sowie die gesetzlichen Grundlagen detailliert beschrieben.
1. Beschäftigung im Rahmen der Westbalkanregelung
Für Staatsangehörige aus bestimmten Westbalkanstaaten – namentlich Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien – besteht die Möglichkeit, im Rahmen der sogenannten Westbalkanregelung (§ 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung, BeschV) nach Deutschland einzureisen, um eine Beschäftigung aufzunehmen. Diese Regelung wurde ursprünglich 2016 eingeführt und bis 2023 verlängert. Sie ermöglicht es, unabhängig von einer qualifizierten Berufsausbildung oder Anerkennung einer ausländischen Qualifikation in Deutschland zu arbeiten.
Die Westbalkanregelung hat sich vor allem auf folgende Arbeitsgruppen konzentriert:
Fachkräfte in handwerklichen Berufen: Manche Westbalkan-Migranten arbeiten auch als Handwerker (z.B. als Installateure, Schweißer oder Elektriker), oft jedoch in Positionen, die unter ihrem formalen Qualifikationsniveau liegen, da ihre im Heimatland erworbenen Qualifikationen nicht immer vollständig anerkannt werden.Die wichtigsten Voraussetzungen sind:
Fachkräfte ohne anerkannte Qualifikation: Besonders stark vertreten sind Bauarbeiter, Handwerker und Hilfsarbeiter in Bereichen wie Baugewerbe, Logistik oder Fertigung, bei denen keine spezifischen Qualifikationen anerkannt sein müssen.
Geringqualifizierte Arbeitskräfte: Viele Arbeitnehmer kommen in Hilfstätigkeiten zum Einsatz, insbesondere in der Landwirtschaft, im Gastgewerbe, der Logistik und im Pflegebereich.
- Arbeitsvertrag oder verbindliches Arbeitsplatzangebot: Um eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zu erhalten, müssen Sie ein verbindliches Angebot oder einen Arbeitsvertrag vorlegen. Die Beschäftigung kann in jeder Branche stattfinden.
- Vorrangprüfung: Eine Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit ist erforderlich, d. h., es wird geprüft, ob für die betreffende Stelle vorrangig deutsche oder EU-Arbeitnehmer zur Verfügung stehen.
- Keine Anerkennung der Qualifikation erforderlich: Für die meisten Berufe ist keine Anerkennung der Qualifikation notwendig, außer bei reglementierten Berufen wie z. B. Ärzten, bei denen besondere Qualifikationsanforderungen gelten.
Diese Regelung ist besonders attraktiv für Arbeitskräfte, die in Berufen tätig werden möchten, in denen formale Qualifikationen keine Voraussetzung sind, wie etwa im Baugewerbe, in der Gastronomie oder in der Landwirtschaft.
2. Beschäftigung als Fachkraft im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft trat, hat den Rahmen für die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern erweitert. Ziel des Gesetzes ist es, qualifizierten Fachkräften den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern und somit dem Fachkräftemangel in verschiedenen Branchen entgegenzuwirken. Die wichtigsten Voraussetzungen für eine Einreise als Fachkraft sind:
- Arbeitsplatzangebot: Für die Beantragung eines Visums zur Arbeitsaufnahme als Fachkraft benötigen Sie ein konkretes Angebot für eine Arbeitsstelle in Deutschland. Es muss sich dabei um eine Tätigkeit handeln, die Ihrer Qualifikation entspricht.
- Anerkennung der Qualifikation: Ein zentraler Punkt ist der Nachweis, dass Ihre ausländische Berufsqualifikation entweder in Deutschland anerkannt oder mit einem deutschen Abschluss vergleichbar ist. Dies gilt sowohl für reglementierte Berufe (z. B. Ärzte, Ingenieure) als auch für nicht-reglementierte Berufe.
Die gesetzliche Grundlage für die Anerkennung von Qualifikationen bietet das Anerkennungsgesetz (AnerkG).
2.1 Einreise zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen
Falls Ihre Qualifikation nicht vollständig anerkannt wurde, haben Sie die Möglichkeit, nach Deutschland zu reisen, um Qualifizierungsmaßnahmen zu absolvieren. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die vollständige Anerkennung Ihrer Qualifikation zu erreichen. Dafür benötigen Sie ein Visum zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, welches auf der Grundlage des § 16d des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) beantragt werden kann. Dies ermöglicht Ihnen, die erforderlichen Anpassungsqualifikationen oder Prüfungen in Deutschland zu absolvieren, um eine vollständige Anerkennung zu erhalten.
Ab dem 1. März 2024 tritt eine neue Regelung in Kraft: die Anerkennungspartnerschaft. Diese bietet eine flexible Lösung für qualifizierte Arbeitskräfte, die in Deutschland arbeiten möchten, deren Qualifikation jedoch noch nicht vollständig anerkannt wurde. Mit dieser Regelung wird es möglich, einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung zu erhalten, während das Anerkennungsverfahren parallel in Deutschland durchlaufen wird. Grundlage dieser Regelung ist der neu eingefügte § 18d im Aufenthaltsgesetz. Weitere Informationen dazu finden Sie auf dem Portal „Make it in Germany“.
2.2 Einreise zur Arbeitsplatzsuche
Neben der Einreise zur direkten Arbeitsaufnahme besteht auch die Möglichkeit, zur Arbeitssuche nach Deutschland zu kommen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ermöglicht es Fachkräften, unter bestimmten Bedingungen ein Visum zur Arbeitssuche zu erhalten. Ab dem 1. Juni 2024 wird zudem das Chancenkarte-Visum eingeführt, welches eine innovative Möglichkeit bietet, um in Deutschland nach einem Arbeitsplatz zu suchen. Es basiert auf einem Punktesystem, bei dem Kriterien wie Qualifikation, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse und Verbindung zu Deutschland berücksichtigt werden.
Die rechtliche Grundlage für diese Visumregelung ist im § 20 des Aufenthaltsgesetzes verankert. Um dieses Visum zu beantragen, können Sie sich entweder an die zuständige deutsche Auslandsvertretung wenden oder, wenn Sie sich bereits in Deutschland aufhalten, an die örtliche Ausländerbehörde.
Beschleunigtes Fachkräfteverfahren
Eine weitere Möglichkeit, den Prozess der Arbeitsaufnahme zu beschleunigen, bietet das beschleunigte Fachkräfteverfahren, welches 2020 eingeführt wurde. Dieses Verfahren ermöglicht es dem zukünftigen Arbeitgeber, das Einreiseverfahren für den ausländischen Arbeitnehmer gegen eine Gebühr zu beschleunigen. Das Verfahren zeichnet sich durch verkürzte Bearbeitungszeiten für die beteiligten Behörden, einschließlich der Visastellen, aus. Hierbei ist es jedoch wichtig zu beachten, dass die Westbalkanregelung nicht mit diesem Verfahren kombiniert werden kann.
Die rechtlichen Grundlagen für das beschleunigte Fachkräfteverfahren sind im § 81a des Aufenthaltsgesetzes festgelegt.